LEV muss leben! Setzt sich als Dachorganisation verschiedener Bürgerinitiativen bekanntermaßen für die KOMBILÖSUNG als Variante des Ausbaues und der Sanierung der A1 und Leverkusener Rheinbrücke ein. Bei der KOMBILÖSUNG geht es jedoch nicht nur um die Realisierung eines Rheintunnels, sondern vielmehr um ein Gesamtverkehrskonzept für Leverkusen, das die Verkehrsführung in Leverkusen optimieren und heutige und zukünftige Gesundheits- und Umweltbelastungen deutlich reduzieren soll. Vor diesem Hintergrund spielen neben der Lärmbelastung natürlich auch Schadstoff- und Feinstaubbelastung eine maßgebliche Rolle bei der
Betrachtung.
Praktisch jede Großstadt hat mittlerweile mit schlechten Luftwerten und Feinstaubbelastungen zu kämpfen. Extreme Beispiele sind sicher die SMOG-beladenen Städte in China, doch auch wenn die Luft noch relativ klar erscheint, können diese Werte bereits stark erhöht sein.

Doch wie entstehen diese Stäube?

Feinstäube werden in erster Linie von Menschen erzeugt, z. B. durch Emissionen aus Autos, Kraftwerken, Öfen und Heizungen, Metall- und Stahlerzeugung, beim Umschlagen von Schüttgütern etc. In Ballungsgebieten bildet der Straßenverkehr die Hauptquelle. Nicht nur Feinstaub aus Motoren (vorrangig Dieselmotoren), sondern auch durch Bremsen- und Reifenabrieb sowie durch die Aufwirbelung des Staubes von der Straßenoberfläche. Eine weitere wichtige Quelle ist die Landwirtschaft: z. B. Ammoniak-Emissionen aus der Massentierhaltung.

Was macht Feinstäube so gefährlich?

Feinstäube werden nach Größe, PM10 (PM=particulate matter) mit einem Durchmesser von 10 Mikrometern (µm) oder kleiner, PM2.5 und ultra kleine Stäube mit weniger als 0,1 µm Durchmesser bewertet. PM10 dringen z. B. in die Nasenhöhle ein, PM2.5 Partikel jedoch schon in die Bronchien und Lungenbläschen, ultrafeine sogar in Lungengewebe und so sogar in den Blutkreislauf ein. Durch die verschiedene Eindringtiefe in den Körper ergeben sich ganz unterschiedliche Krankheitsbilder von Schleimhautreizungen über chronisch Lungenkrankheiten (COPD) bis hin zu Thromboseneigung und Einflüssen auf das vegetative Nervensystem.
Feinstäube wirken so auf fast alle wichtigen Organsysteme und fördern unbestritten die Entstehung und das Fortschreiten von Erkrankungen der Atem- und Herz-Kreislauf-Systeme.

Die aktuelle Situation: Was wird zum Schutz der Bevölkerung getan?

Die Gefahren von Feinstaub sind lange bekannt. Die WHO geht davon aus, dass sich die durchschnittliche Lebenserwartung aller Europäer um 8,6 Monate und in Deutschland um 10,2 Monate durch Feinstaubbelastung verringert. Ca. 400.000 Menschen sterben europaweit jährlich infolge der Feinstaubbelastung (z. B. Atemwegserkrankungen oder Lungenkrebs), davon allein in Leverkusen ca. 150-200. Das die Auswirkungen in Deutschland stärker zu spüren sind, lässt sich auf die, im Vergleich zu den Europäischen Nachbarn, höhere Verkehrs- und Industriedichte zurückführen (mehr Fzg.,Straßen,Industrie).
Die EU hat vor diesem Hintergrund bereits 1983 Grenzwerte verabschiedet, die in den Folgejahren Schritt für Schritt abgesenkt werden sollten. In den letzten Jahren zeigten die Erfahrungen jedoch, das die Einhaltung dieser Grenzwerte trotz immer neuer Abgasnormen zunehmend schwerer wurde. Da im Falle der Überschreitung auch entsprechende Maßnahmenkataloge (z. B. Fahrverbote etc.) vorgesehen sind, entschieden sich die Mitgliedsstaaten bereits 2008 die für 2010 geplante Verschärfung vorläufig auszusetzen. Warum u. a. immer neue Abgasnormen zu keiner signifikaten Verbesserung führen, ergibt vor dem Hintergrund eines VW-Abgasskandals mittlerweile sicher auch für Laien einen Sinn. Die Abgase von Fahrzeuge der EURO6 Norm liegen durchschnittlich um das 6-fache über den Grenzwerten. Aktuell liegen die EU-Grenzwerte deutlich über dem internationalen Vergleich und den Empfehlungen der WHO, trotzdem werden diese vielerorts regelmäßig überschritten ohne das wirksame Massnahmen von den Behörden ergriffen werden. Aus diesem Grund sind aktuell 14 Klagen in fast alle großen Städten wie Berlin, Köln, Düsseldorf etc. anhängig. Stuttart hat für 2018 bereits Fahrverbote für Diesel verabschiedet.

Das Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz NRW (LANUV) unterhält aktuell 168 Messstationen in ganz NRW. Jedoch wird Feinstaub nur an 76 dieser Stationen gemessen und PM2.5 Partikel an keiner dieser Stationen.
Laut Aussage von Dr. Norbert Mülleneisen (Asthma- & Allergiezentrum Leverkusen) liegt die Zahl der Erkrankungen in Leverkusen ca. 2,5-fach höher als im Umland. Doch welche Gründe hat dies?
In Leverkusen werden derzeit zwei Feinstaubmessstationen betrieben, auch diese messen nur PM10 Partikel. Über die oben beschriebenen gesundheitsschädlicheren und kleineren PM2.5 Partikel liegen also praktisch keine Messwerte vor. Dazu wird auch für einen Laien klar, dass sich mit nur zwei Stationen, eine am Friedhof in Manfort, kaum eine repräsentative Auswertung für ein Stadtgebiet in der Größe Leverkusens erfassen lässt.

Was können wir tun?

Hier setzen wir mit unserem Projekt an. Ziel ist es, zwei „staubige“ Themen, Feinstaub und Statistik, spannend und interessant zu machen. Wir möchten Menschen für dieses Thema sensibilisieren, die Feinstaubbelastung langfristig und flächendeckend zu messen und diese Informationen allen Bürgern anschaulich zur Verfügung stellen. Zu diesem Zweck ermöglichen wir Bürgern den Bau von kleinen Messstationen, die für jeden erschwinglich (ca. 35 €) und vor allem durch jeden zu bauen und zu betreiben sind, ein. Zweites wichtiges Ziel ist, die erfassten Daten aller Sensoren für jeden transparent und zugänglich zu machen. Dazu werden diese online z. B. als Karten oder Diagramme veröffentlicht. Ergänzend werden wir auf Basis der Daten weitere Dienste Auswertungen für die Bürger anbieten. So z. B. die „Feinstaub-Ampel“ die wir bereits auf unserer Webseite anbieten und die jedem Bürger auf einen Blick zeigt ob die aktuellen Feinstaubwerte erhöht sind.

Feinstaub-Sensor LEV muss leben!, Luftdaten.info © ,

Zur Umsetzung werden wir einen offenen und kostenlosen Workshop veranstalten. Teilnehmen kann und soll jeder, vom Jugendlichen über die engagierte Mutter, bis zum interessierten Rentner, jeder ist willkommen Sensor-Pate zu werden. Hier werden alle Details erklärt, in lockerer Runde können Fragen zur Technik und dem Thema Feinstaub an fachkundige Mitstreiter gestellt werden. Obwohl die Geräte bewußt einfach gehalten sind, um jedem Laien den Bau zu ermöglichen, können im aktuellen Entwicklungsstand nicht nur PM10 und PM2.5 Feinstaubpartikel gemessen werden, sondern darüber hinaus auch sehr genau Temperatur, Luftfeuchte und Luftdruck. Es handelt sich also nicht nur um eine Feinstaubmessstation, sondern auch um eine Wetterstation. Die aktuelle Werte seiner Station kann jeder „Sensor-Pate“ zu Hause auch mit seinem Smartphone abrufen.
Der „Sensor-Pate“ übernimmt den Bau und stellt Strom (ca. 1€/Jahr) und WLAN-Anschluss zur Übertragung der Messwerte zur Verfügung.
Partner unseres Projektes ist die Open Knowledge Foundation Germany, wo die Idee zur Umsetzung entstanden ist. Besonders das OK-Lab in Stuttgart hat das Thema bereits weit vorangetrieben, sodass aktuell bereits über 1.400 Paten weltweit einen Sensor betreiben. Die meisten Sensorstandorte befinden sich in Deutschland, doch auch in Brunai, Chile, Dom. Rep., USA und Rumänien sind Sensoren zu finden. Die gewonnenen Erfahrungen zeigen, dass die erzielten Werte, trotz der relativ günstigen Anschaffungskosten, sehr genaue Werte liefern und nur geringe Abweichungen zu professionellen Messgeräten auftreten. Eine weitere Steigerung der Genauigkeit wird über die Masse der Sensoren erzielt. Dies bestätigen auch angefertigte Materialgutachten.
Als wissenschaftliche Partner des Projektes konnten das Karlsruher Institut für Technik (KIT) und die Universität Bamberg gewonnen werden. Diese übernehmen die Datenaufbereitung und können so langfristig detaillierte Aussagen über die Qualität treffen.

Dr. Nobert Mülleneisen, Vortrag Forum © ,

Unser Workshop fand am Samstag den 8. Juli 2017 statt. Wir freuen uns sehr, dass wir mit Frank Riedel vom OK Lab Stuttgart und Dr. Norbert Mülleneisen vom Asthma- und Allergiezentrum Leverkusen zwei sehr interessante Referenten für unseren Workshop gewinnen konnten.

Dr. Mülleneisen versucht als anerkannter Spezialist für Lungen- und Atemwegserkrankungen bereits seit Jahren, für das Thema und die Gefahren durch Feinstaub zu sensibilisieren und ist unter anderem bekannt durch seine Strafanzeige gegen VW. Er hat den Themenkomplex von der medizinischen Seite beleuchtet und einige interessante Fakten beigetragen.

Frank Riedel auf der republica 2017, Berlin © ,

Unser zweiter Referent, Frank Riedel vom OK Lab Stuttgart, ist quasi einer der Väter der von uns verwendeten Feinstaubsensoren und hat in diesem Jahr bereits ca. 50 Veranstaltungen zum Thema begleitet, über mehrere haben auch Radio und Fernsehen berichtet. Mit ihm zusammen haben die Teilnehmer u. a. die Sensoren gebauen und in Betrieb genommen.

Interessiert Sie unser Projekt? Wollen Sie auch Ihren eigenen Feinstaubsensor bauen, unser unabhängiges Messnetz unterstützen und sich selbst ein Bild machen? Dann melden Sie sich am besten direkt über unser Formular unten an!

AKTUELLE INFO:
Momentan planen wir eine zweite Welle von Sensoren im Stadtgebiet in Betrieb zu nehmen, auch hier benötigen wir wieder die Hilfe engagierter Bürger. Evtl. werden wir diese Sensoren statt im Rahmen eines Workshops auch direkt als Bausatz abgeben. Da die Zahl der Sensoren wieder begrenzt sein wird und bereits einige Anmeldungen vorliegen, empfehlen wir sich bereits jetzt anzumelden.

Wir suchen für die zweite Welle insbesondere Sensor-Paten an Hauptverkehrsstraßen in den Stadtteilen Wiesdorf, Alkenrath, Küppersteg, Opladen, Schlebusch. Sind sie nicht sicher bzgl. des Standortes, sprechen sie uns an.

Anmeldung als Sensor-Pate

    Ich bewerbe mich hiermit als Sensor-Pate. Den Sensor möchte ich im Rahmen eines geplanten Workshops oder auf Basis eines Bausatzes bauen, im Anschluss langfristig für das Feinstaub-Projekt von LEV muss leben! betreiben und dem Projekt die ermittelten Messdaten fortlaufend automatisiert (per WLAN/Internet) zur Verfügung. Hierzu trage ich die anfallenden Kosten (ca. 35€ Sensor + ca. 1€/Jahr Strom) selbst oder bin bereit LEV muss leben beim Aufbau des Messnetzes in Form von Spenden zu unterstützen.

    Die Messwerte werden von LEV muss leben nur anonymisiert veröffentlicht, Standort in Karten werden auf ca. +/-100m verfälscht.